Den Start der Grillsaison definiert jeder für sich selbst, doch spätestens wenn die ersten Krokusse sprießen und die kleine Schneehaube vom Gasgrill hinabgeschmolzen ist, juckt es den Hobbygriller in den Fingern. Doch wie vor jeder neuen Saison stellt sich die Frage: Beim Altbewährten bleiben oder auf dem Grill doch mal was riskieren? Neben den klassischen Cuts von Rind und Schwein existiert so viel Aufregendes und Unbekanntes im Rind, dass sich ein kleines Grill-Abenteuer definitiv lohnt. Unser Tipp für Dich: Leg’ doch einfach mal einen ganzen Markknochen auf den Grill. Der überrascht geschmacklich, beeindruckt optisch und trägt ganz nebenbei zur ganzheitlichen Verwertung eines Tiers bei.
Quer oder längs – das ist die Frage
Damit sich das Grillen eines Knochens wirklich lohnt, braucht man ein Exemplar, das möglichst üppig mit Knochenmarkmasse gefüllt ist. Die beste Wahl ist dabei der Oberschenkelhalsknochen, der dem Rind die Stabilität im Bein verleiht und bei diesen imposanten Beinen natürlich entsprechende Ausmaße annimmt. Man erhält diesen Knochen in zwei Ausführungen: Quer oder längs aufgesägt. Die quer gesägte Variante kennt man aus dem Ossobucco – ein Stück Beinscheibe, das in der Mitte die Verlängerung des Oberschenkelknochens enthält. Wer hier schon einmal das gekochte Mark aus dem Knochen gelöffelt hat, weiß, welcher Genuss in einem großen Knochen schlummert. Der Oberschenkel liefert am meisten Grillspaß, wenn er einmal längs gesägt wird. Das ist ein Hingucker auf dem Grill und der Knochen lässt sich mühelos ausschaben. Die Blicke der Gäste werden wie fixiert auf dem blubbernden Fett in der Knochenhülle verharren.
Aus was besteht Knochenmark?
Knochenmark besteht hauptsächlich aus drei Komponenten: Zum einen Bindegewebe, dazu Stammzellengewebe und eine beträchtliche Menge Fett. Das klingt auf den ersten Blick nicht nach einer Delikatesse, doch genau das ist es – zumindest, wenn man kein Kalorienzähler ist. Wenn man Knochenmark auf den Punkt zubereitet lässt sich das pure Glück aus dem Oberschenkelknochen schlürfen. Das ganze erinnert an ein Schmalzbrot, doch das Knochenmark hat einen ganz eigenen, charakteristischen Geschmack und im warmen Zustand einen unvergleichlichen Schmelz. Du merkst: Es ist Zeit, diesen Schritt zu wagen. Wenn Du mit dem längs aufgesägten Oberschenkelknochen bei der nächsten Grillparty aufschlägst, sind die Blicke garantiert auf dich gerichtet.
Wo bekomme ich einen Markknochen?
Wer nach Markknochen googelt, landet oft in Tierfutter-Shops, denn in getrockneter Form gehört der Oberschenkelknochen samt Mark zum klassischen Hundefutter-Segment. Das zeigt allerdings auch, wie unbekannt diese Delikatesse in Genießerkreisen noch ist. Einige wenige Online-Shops führen den ganzen Markknochen schon, der einfachste und sinnvollste Weg ist allerdings jener zum Metzger des Vertrauens. Für handwerkliche Metzger ist es ein Leichtes, Dir einen ganzen Knochen zurückzulegen und in der gewünschten Form aufzusägen. Der Preis für diese Spezialität ist unschlagbar, denn die Nachfrage ist minimal und den Metzger freut’s, dass ihm jemand den großen Knochen abnimmt.
Markknochen grillen – so geht’s
Die Zubereitung des Markknochens ist denkbar simpel: Der Knochen wird mit dem Mark nach oben auf den heißen Grill gelegt und bei geschlossenem Deckel und ca. 250-300 Grad für 10 Minuten gegrillt. Wichtig ist, dass dabei das Knochenmark einmal komplett durcherhitzt wird, damit die Fett-Struktur komplett geschmolzen ist. Die Masse sollte kleine Fett-Bläschen werfen, allerdings nicht dunkel und trocken werden. Perfekt ist der Knochen dann, wenn man das heiße Mark ganz einfach mit einem Löffel aus der Knochenhülle heben kann.
Wohin mit dem Mark?
Eine simple und feine Variante ist gegrilltes Knochenmark auf einer krossen Scheibe Brot. Das Brot lässt sich bequem neben dem Knochen auf dem Grill anrösten. Statt Butter gibst du anschließend das Knochenmark auf das noch warme Brot und verstreichst es leicht. Aromatisches Fett und zarte Cremigkeit treffen auf dunkle Röstaromen. Mit ein paar Schnittlauchröllchen garniert, ist das eine ungewöhnliche Vorspeise, nach der niemand mehr die Butter auf dem Brot vermissen wird. Die ausgelöffelten Knochen kannst du nun sogar noch im Ofen anrösten und für eine Knochenbrühe weiter verwenden.
Nose-to-Tail in Perfektion
Markknochen zu grillen und danach zu einer Brühe zu verarbeiten, ist ein perfektes Beispiel für die konsequent zu Ende gedachte Nose-to-Tail Philosophie – also die gesamtheitliche Verwertung eines Tiers. Der Begriff geht auf den britischen Koch Fergus Henderson zurück, der schon vor vielen Jahren forderte, dass ein Tier – wenn es schon für den Genuss geschlachtet wird – möglichst vollständig aufgebraucht und genutzt werden sollte. Und das bedeutet vor allem: Wir sollten mehr Teile abseits von Filet und Roastbeef genießen, die sonst meist wenig Beachtung finden. Wenn du also Markknochen grillst, lebst du Nose-to-Tail und verschaffst dir dadurch sogar zwei Vorteile: Einerseits schaffst du ein außergewöhnliches und überraschendes Geschmackserlebnis und gleichzeitig sicherst du Dir jenen Cut, der aktuell wohl das beste Preis-Leistungsverhältnis bietet.